Förderverein Stadtbibliothek Rottenburg

18.12.2023: Politische Aspekte der Haushaltskrise nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

1. Begrüßung und Einführung

Wolfgang Hesse begrüßt die Teilnehmer der heutigen Veranstaltung und wünscht seinen erkrankten Mitstreitern Karl Schneiderhan und Winfried Thaa gute Besserung.

Aus aktuellem Anlass wenden wir uns heute nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) dem Bundeshaushalt und den Folgen dieses Urteils zu.  In diesem Urteil hatte das BVerfG entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar und nichtig ist. Uns interessieren bei diesem Thema in aller erster Linie die politischen Aspekte dieses Urteils und der daraus entstehenden Folgen für das Aufstellen eines grundgesetzkonformen Bundeshaushalts.

 

2. Impuls

Die Präsentation zum Thema kann über den folgenden Link geöffnet und heruntergeladen werden:

PräsentationHaushalt

 

3. Beiträge der Teilnehmer

  • Am Beginn standen zunächst Verständnisfragen, z. B. wie ein Sondervermögen funktioniert, wie die Kreditaufnahme funktioniert, woher das Geld kommt.
  • Es hat sich gezeigt, dass die Sondervermögen ein Schuldenhaushalt neben dem eigentlichen Haushalt sind.
  • Kritisiert wurde, dass die Schuldenbremse das Parlament als Haushaltsgesetzgeber einschränkt. Allerdings wurde die Schuldenbremse vom Parlament selbst ins Grundgesetz aufgenommen, damit keine finanzielle Handlungsunfähigkeit eintreten kann.
  • Es wurde grundsätzlich eingesehen, dass Gelder, die zweckgebunden sind, nicht einfach umgelenkt werden dürfen, für andere Zwecke.
  • Angesprochen wurde auch eine Kritik am Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Juristisch eindeutig ist das Urteil nicht. Hätte nicht das BVerfG durchaus in Würdigung der Gesamtsituation auch für 2023 eine Notlage erkennen können, so dass das Sondervermögen für Klima- und Naturschutz und den Ausbau des Schienennetzes hätte eingesetzt werden können?
  • Allerdings hätten Regierung und Parlament für 2022 selbst die Möglichkeit gehabt, eine Notlage zu erklären im Hinblick auf die durch den Ukrainekrieg ausgelöste Krisensituation bei der Energieversorgung. Dies hätte vermutlich vor dem BVerfG Bestand gehabt.
  • Festgestellt wurde, dass in den letzten Jahren die Einnahmen ständig gestiegen sind. Mehrmals wird die Frage aufgeworfen: Warum setzen wir unsere Einnahmen nicht sinnvoll ein?
  • Immer wieder ist in der Diskussion das Stichwort Priorisierung der Ausgaben postuliert worden, wie nicht anders zu erwarten, mit unterschiedlichen Vorstellungen zu den verschiedenen fachlichen Abschnitten des Haushalts (Soziales, Gesundheit, Bundeswehr, Infrastruktur, Bildung etc).
  • Heftig kritisiert wurde, dass sehr viel Geld für Engagement im Ausland (Ukraine, Westbalkan, Afghanistan, Mali) ausgegeben werde, das im Innern unseres Landes besser eingesetzt wäre. Hierzu die Frage, wie aus einer Bewertung zurückliegender Entwicklungen für die Zukunft gelernt werden kann?
  • Auf die Auffassung, dass wir doch nur ausgeben können, was wir einnehmen, gab es die Entgegnung, dass wir ja Negativ-Schulden hätten. Denn: Was lassen wir der nachfolgenden Generation zurück? Es sind Umweltbelastungen und vor allem eine zerstörte Natur, die die nachfolgende Generation gar nicht mehr reparieren kann. Deshalb müssen wir jetzt Schulden machen und investieren, auch um die Natur zu retten.
  • Aus einem Schaubild ist deutlich zu erkennen, dass über einen Zeitraum von fast 25 Jahren die öffentlichen Investitionen zurückgefahren worden sind. Dies kann nicht kurzfristig kompensiert werden. Die Folgen sind jetzt in vielen Bereichen spürbar (Bahn/ÖPNV, Straßen, Bildung, …).
  • Ein Diagramm, das sehr anschaulich verdeutlichte, dass Länder, die viel in Infrastruktur und Bildung investieren, auch das größte Wachstum und den höchsten Wohlstand haben, hat viele im Gesprächskreis überzeugt. Es muss in frühkindliche Bildung investiert werden: in eine verpflichtende Vorschule und in die Grundschul-Bildung.
  • Kritisch gesehen wurden auch die 10 Milliarden Euro für die Chip-Fabrik Intel in Magdeburg. 10 Milliarden wären ein optimaler Grundstein in die frühkindliche Förderung.
  • Wie kann der Staat mehr Geld einnehmen? In dieser Diskussion wurde der Vorschlag sehr kritisch gesehen, die Erbschaftssteuer gravierend zu erhöhen.
  • Ebenfalls kritisch gesehen wurde der Vorschlag, die Steuerprogression bei hohen Einkommen bis auf 80 oder 90% zu erhöhen. Aber – so eine These – ist der CO₂-Ausstoß der Superreichen nicht der höchste?
  • Gefordert wurde u. a. umweltschädliche Subventionen abzubauen.
  • Doch bei allen Einsparungen muss auch - so mehrere Stimmen - darauf geachtet werden, dass die Wirtschaft im Land unterstützt werden muss. Wir sind nun einmal auf Exporte angewiesen, darauf gründet unser Wohlstand.
  • Als kritisches Beispiel wurde auch die aktuell geplante Beschneidung der Subventionen für die Landwirtschaft genannt, die bei den Landwirten heftige Proteste auslöst.

 

4. Verabschiedung

Wolfgang Hesse bedankt sich bei den Teilnehmern für die lebhafte Diskussion und wünscht Allen erholsame Feiertage.

 

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